No 066 Veranda Goof

„To goof up“ heißt soviel wie vermurksen oder verpfuschen. Auch Walt Disney’s „Goofy“ ist ja eher schusselig und unbeholfen. Was das genau mit dieser Gitarre zu tun hat, könnt ihr weiter unten lesen. Erst möchte ich noch ein paar grundsätzliche Anmerkungen zum „Pfusch am (Gitarren-) Bau“ machen:

Profi Goof

Les Paul DeluxeIn der Geschichte des Gitarrenbaus begegnet man dem Begriff  „Goof“  in Verbindung mit der Gibson Les Paul Deluxe. Um 1970 gab es bei diesem Modell eine Charge mit etwas zu groß geratenen Pickup Fräsungen. Aus Kostengründen entschied man sich kurzerhand, die zu großen Fräsungen einfach mit Plastikblendrahmen zu verdecken, den sogenannten „Goof Hiders“ (Pfusch Kaschierer), siehe im Foto oben links. Das dürfte wohl das bekannteste Beispiel dafür sein, dass Pfusch offiziell in den Handel kam. Seit einigen Jahren gibt es aber jetzt auch noch die etwas skurrile Mode, dass man einst „vermurkste“ Gitarren ziemlich exakt nachbaut und für richtig teuer Geld verkauft. Das Geheimnis dahinter? Die „Schändungen“ der Originale wurden von mittlerweile weltberühmten Musikern vorgenommen bzw. veranlasst. Wären diese Umbauten von Unbekannten gemacht worden, würde sich jeder nur mit Grausen abwenden! Zu den bekanntesten Exemplaren dieser Gattung gehören die Les Paul Deluxe von Pete Townshend (The Who), die Telecaster von Andy Summers (The Police) oder die Stratocaster von Dave Murray (Iron Maiden), siehe Foto.

Amateur Goof

Pfusch unter Amateuren ist natürlich die mit großem Abstand weiter verbreitete Variante und auch in unterschiedlichsten Härtegraden vorzufinden. Mir geht es hier aber vielmehr um den weit harmloseren Pfusch. In den vergangenen Jahren hab ich immer wieder mal gerne sogenannte „Projekte“ in ebay erstanden. In den Artikelbeschreibungen ist dann oft zu lesen „aus Zeitgründen abzugeben“ oder „ich komm leider nicht mehr dazu sie fertig zu bauen“ etc. Definitiv ehrlicher wäre fast immer gewesen „da ich sowohl meine handwerklichen Fähigkeiten als auch mein physikalisch-technisches Wissen gnadenlos überschätzt hab, möchte ich nicht mehr ständig mit dem Anblick dieses Elends konfrontiert werden“! Aber egal. Jetzt endlich mal zur Gitarre:

Die Veranda Goof

Veranda Mahagoni TelecasterAuch die Basis hierfür hab ich als „Selbstbauprojekt, dass noch ein paar Einstellarbeiten und einer leichten Überarbeitung der Elektronik bedarf“, ersteigert. Ins Auge gestochen ist mir erst mal nur der naturbelassene schöne Mahagonibody. Als ich die Gitarre dann in Händen hielt, wurde so einiges offensichtlich: Der wohl ursprüngliche stratartige Hals wurde mit grober Sägearbeit zum Telecasterhals umgearbeitet. Die Überwurfmuttern der montierten Mechaniken waren so fest angezogen, dass bei einer gleich das Innengewinde abgerissen war. Die Sattelkerben waren viel zu hoch. Die Halstasche war 2mm breiter als der Halsfuß, die Saiten verliefen nicht parallel zum Hals und auch der Halswinkel war nicht korrekt. Das Pickguard wurde sowohl am Halsende wie auch im Brückenbereich grob „nachgearbeitet“. Die Saitendurchführungen im Body wurden freihändig mit der Handbohrmaschine vorgenommen und kamen entsprechend unkontrolliert auf der Rückseite heraus. Die Lötarbeiten waren unter aller Kanone und Masseverbindungen teils nicht wirklich vorhanden. Da war dann wohl jemand mit dem Resultat seiner Arbeit nicht so ganz zufrieden. Tja, was soll ich sagen. Mir macht es jedenfalls großen Spass, solch geschundene Objekte zu zerlegen, nachzuarbeiten und dann neu aufzubauen. Mittlerweile ist aus dem hässlichen Entlein ein richtiger Schwan geworden.  Schritt für Schritt hab ich die beschriebenen Mängel behoben, ordentliche Gotoh Mechaniken, eine Wilkinson Brücke mit Messingreitern, ein „Tonerider“ Pickupset,  CTS Poties und wie auch schon bei der „Flip“, ein hübsches gelasertes Holzpickguard montiert. Jetzt ist das eine fantastische Tele, die nur noch bei genauerer Betrachtung anhand einiger weniger optischer Spuren ihre einst traurige Vergangenheit erahnen lässt…